Weithin sichtbar ragt das markante, an den gotischen Turm der Prager Karlsbrücke erinnernde Turmdach des Neuen Schlosses über einem ausgedehnten Waldgebiet des Thüringischen Holzlandes auf.
Wegen seines reichen Wildbestands war dieser alte Bannforst seit dem ausgehenden Mittelalter ein bevorzugtes Jagdgebiet der sächsischen Kurfürste und Herzöge, später der Herzöge von Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha-Altenburg und Sachsen-Altenburg. 1830 wurde Hummelshain außerdem Sommerresidenz des Altenburger Hofes.
Von diesen Traditionen zeugen heute das Alte Jagdschloss in Hummelshain, das Jagdschloss „Fröhliche Wiederkunft“ im benachbarten Wolfersdorf, das Lustschlösschen „Herzogsstuhl“ sowie die barocke Jagdanlage Rieseneck – vor allem aber das Neue Schloss, das als herausragendes Zeugnis des Historismus gilt … und im Volksmund als „Neuschwanstein Thüringens“ bezeichnet wird.
„Am Neuen Schloss in Hummelshain fasziniert die ausgeprägte, dabei nicht überzogene Prachtentfaltung, die räumliche Großzügigkeit, der Reichtum an Formen und Details, die gestalterische Fülle, die das Auge immer wieder Neues entdecken lässt, und die exzellente handwerkliche Meisterschaft der Ausführung", so beschreibt der Kunsthistoriker Bertram Lucke den Gesamteindruck.
Zeittafel
1872: Das Alte Jagdschloss Hummelshain wird nach einem Brand für die Verlobungsfeier von Prinzessin Marie von Sachsen-Altenburg mit Prinz Albrecht von Preußen provisorisch hergerichtet.
1874: Der Gartenkünstler Eduard Petzold schlägt in einem Gutachten zwei Standorte für einen Schlossneubau vor.
1878: Das Altenburgische Staatsministerium beauftragt das Berliner „Büro für Architektur und Kunstgewerbe“ von Ernst Ihne & Paul Stegmüller mit Umbauplänen für das Alte Jagdschloss, die jedoch nicht verwirklicht werden.
1879: Ihne & Stegmüller erhalten den Auftrag zur Planung des Neuen Schlosses.
1880–85: Die Bauarbeiten nehmen fünf statt der geplanten drei Jahre in Anspruch; für die Realisierung aller Bauleistungen ist Hofbaumeister Otto Brückwald (Leipzig) als Generalunternehmer verantwortlich.
1885: Am 20. Juni beziehen Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg und seine Gemahlin Agnes das Schloss, das ihnen als Sommerresidenz und Jagddomizil dient. In Abwesenheit der „höchsten Herrschaften“ steht es zur Besichtigung offen und wird zu einem touristischen Anziehungspunkt.
1891, 1894: Kaiser Wilhelm II. nimmt an den Hofjagden in Hummelshain teil und wohnt im Neuen Schloss.
1896: Zum 70. Geburtstag von Herzog Ernst I. wird die Bronzeplastik „Hirschgruppe“ von Adolf Lehnert (Leipzig) am Schloss aufgestellt.
1918–19: Nach der Abdankung Ernsts II. geht das Schloss in den Besitz des Freistaates Sachsen-Altenburg über. Zuvor erfolgt die Auflösung des Mobiliars.
1920: Carl Gustav Vogel, Eigentümer eines Pößnecker Fachzeitschriftenverlags (heute Vogel Business Media) erwirbt das Schloss für 1.350.000 Mark und nutzt es als Wohnsitz sowie für den Empfang von Geschäftskunden.
1944: Am 14. August wird das Schloss beschlagnahmt und darin ein Lazarett für den Rüstungsbetrieb REIMAHG eingerichtet.
1947: Im Schloss wird ein Kinder- und Jugendheim gegründet.
1952–1992: Schloss und Nebengebäude werden als Jugendwerkhof „Ehre der Arbeit“ genutzt, der in der DDR als Vorzeigeeinrichtung galt. 1952–1992 lebten und lernten hier rund 5.500 Jugendliche.
1992: Das im Besitz des Freistaates Thüringen befindliche Schloss steht leer und soll verkauft werden; Projekte wie das einer Rehabilitationsklinik und einer Zivildienstschule sind im Gespräch.
1996: Der Hessische Rundfunk dreht den Spielfilm „Ein Schloss für Rita“. Das Schloss dient wiederholt als Drehort: 2009 für die Familiensaga „Krupp – Eine deutsche Familie“ mit Iris Berben, 2010 entsteht der Thriller „The Forbidden Girl“, der erste in Deutschland gedrehte 3D-Spielfilm, 2012 das Doku-Drama „Bismarck“.
1997: Nach mehrfachen Wasserschäden erfolgt eine Notreparatur des Daches. Schlossbesichtigungen werden ermöglicht; der Spiegelsaal dient als Standesamt.
1998: Der Freistaat Thüringen verkauft Schloss und Park an eine Leipziger Firma. Die vereinbarte Komplettsanierung wird aus finanziellen Gründen nicht realisiert.
seit 2010: Medien und der 1998 gegründete Förderverein kritisieren den zunehmenden Verfall des Schlosses.
2010–11: Instandsetzung der Noteindeckung des Daches und der Treppenhaus-Oberlichter, Einbau einer neuen Toilettenanlage; Renovierung des Spiegelzimmers durch die Eigentümerin.
2012–13: Mehrfach werden im Thüringer Landtag kritische Anfragen zur Situation des Schlosses gestellt.
2014: Dachsicherungsmaßnahmen und Sanierung des Denkmals „Hirschgruppe“ durch den Förderverein.
2015: Umfassende Bauzustandsuntersuchung mit Unterstützung der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) Thüringen mbH.
2016: Der Freistaat Thüringen gewährt dem Förderverein Denkmalpflegemittel für nachhaltige Sicherungsmaßnahmen.
2017: Das Neue Schloss wird durch das Expertengremium der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM) als Baudenkmal von nationaler Bedeutung eingestuft.
2018: Der Förderverein setzt den ersten Bauabschnitt auf dem Dach des Neuen Jagdschlosses um.
2019: Der Förderverein erhält für seine Bemühungen den Thüringer Denkmalschutzpreis.
2020: Auf dem Dach des Neuen Jagdschlosses gehen die Sanierungsarbeiten weiter. Im Dezember wird das neue Buch zur Geschichte der Hummelshainer Schlösser veröffentlicht. Im Schlosspark werden die ersten Baracken aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges und die alte Gärtnerei abgerissen.
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